Meine Reise durch ein dreidimensionales Bilderbuch – Engadin/Valmalenco 2024 Teil 3

Ein etwas ausführlicherer Reisebericht – Teil 3 von 3

Tag 14

Nach der spannenden Polarlichternacht begann mein letzter Morgen im Engadin. Nach der Abreise von der Diavolezza ging es durch das Puschlav südlich Richtung Italien weiter. Ich hatte für weitere vier Nächte eine kleine Ferienwohnung in Chiesa im Valmalenco gemietet und war schon sehr neugierig, wie die Landschaft dort sein würde. Das Valmalenco ist die direkte Rückseite von Piz Palü und Konsorten und quasi nur eine handvoll Kilometer Luftlinie von der Diavolezza, der Aussicht von der Alp Grüm oder dem Fextal, entfernt. Mit dem Auto dorthin zu kommen ist da wesentlich weiter. Die Fahrt dorthin dauert von der Diavolezza aus knapp zwei Stunden, die Strecke ist knapp 80 Kilometer weit und führt einen durch eine ganz andere Landschaft.

Unterwegs kurz vor Sünders

Sobald man Tirano hinter sich lässt, reiht sich Dorf an Dorf, viel Verkehr und ganz viele Werbeschilder sind fast wie eine Kette der Straße entlang zu sehen. Komplett andere Eindrücke, die mir, nach der Ruhe und Abgeschiedenheit die Tage zuvor, schon fast zu viel waren. Wenn man Sünders erreicht hat, geht es wieder Richtung Norden und nach kurzer Zeit ist man am Ziel angekommen. Die Straße schlängelt sich durch ein enges Tal, das von sehr steilen Hängen umgeben ist und irgendwie komplett anders als das Engadin ist. Kaum zu glauben, das beides so nah beinander liegt. Ich fuhr direkt zu der Seilbahnstation in Chiesa, um nach den Öffnungszeiten zu sehen, aber leider war hier alles zu und keinerlei Hinweise, wann die Betriebszeiten sind und das Internet konnte leider auch nicht weiterhelfen. So machte ich mich auch direkt weiter, um mal kurz und grob die Gegend Richtung Chiareggio zu erkunden. Die Straße ist typisch für die Alpen gewesen. Steil, eng, kurvig und immer für Überraschungen zu gebrauchen. Ich kam an mehreren Steinbrüchen vorbei und war respektvoll erstaunt, wo die LKWs dort überall hinkommen. In Chiareggio begutachtete ich den Weg, den ich mir für eine Wanderung zu ein paar schönen Wasserfällen ausgesucht hatte und danach bezog ich dann wieder in Chiesa die Ferienwohnung. Nachdem ich mich wieder heimisch eingerichtet hatte und noch kurz einkaufen war, wurde es auch schon dunkel und so war der Freitag schon wieder vorbei. Die Mentalität dort ist auch wieder komplett anders gewesen, beim Einkaufen stand gefühlt das halbe Dorf mit dabei, als ich mich mit der einen Mitarbeiterin dort mit Händen und Füßen verständigte und über die Polarlichter austauschte. So ging das bei allen Gesprächen dort, war irgendwie total nett.

Tag 15

Am nächsten Morgen war meine Neugier auf die Gera Stauseen so groß, dass ich erstmal dorthin fuhr. Die Strecke war richtig krass cool! Es war nicht weit, ca. 18 km, dafür fast 1200 Höhenmeter, die einen durch viele Tunnel und steile Berghänge brachten. Meine Höchstgeschwindigkeiten lagen bei etwa 40 km/h, was auf der Strecke dort aber ein normaler Schnitt zu sein scheint. Kurve an Kurve, durch dichte Wälder, Felsen, dann wieder Tunnel, Kurven, es wurde nicht langweilig und ab und an hielt ich für ein paar Bilder mal an. Letztlich habe ich mit meinen ganzen Stopps gut zwei Studen dorthin gebraucht. So war die Mittagszeit schon weit fortgeschritten, bis ich in Campo Moro ankam.

Staumauer Lago di Gera

Die beiden Gera Stauseen (der eine heißt Lago die Campo Moro) liegen quasi direkt hinter/übereinander und mein primäres Ziel am frühen Nachmittag war der obere von beiden. Der Parkplatz ist fast direkt unterhalb der Staumauer, an der außen ein kleiner Weg hochgeht. Unterhalb sind noch einige sehr fotogene Gebäudereste aus der Bauzeit der Staumauer. Genau mein Geschmack! so schlich ich dort noch eine Weile herum bis ich dann endlich auf die Staumauer hochging. Und dann war ich wie verzaubert! So eine unglaublich schöne Landschaft! Ich dachte, ich sei in Skandinavien! Die Spitzen des Piz Palü und Piz Zupò waren in den Wolken versteckt und nicht einmal vermutbar. Rechts von der Staumauer aus ging ein schöner Weg oberhalb des Ufers entlang und links konnte man auf einem Pfand den Berg hochgehen, wo weiter oben das Rifugio Bignami auf den Felsen über dem Tal thront. Was ein Anblick! Ich hatte drei Tage Zeit, an einem davon war dieser linke Weg mein Ziel, nur noch etwas weiter zum Fellaria Gletscher. Also hielt ich mich an die rechte Seite und kam nur einem kurzen Marsch zur Alp Poschiavina.

Es ist dort so unfassbar schön, ein Bach, der sich durch dieses Flache Hochtal schlängelt, vorbei an alten Alphütten, eine kleine Brücke und am Ende des Tals kommt man zum Passo die Canciano. So weit bin ich allerdings gar nicht gekommen. Irgendwie war die Zeit so krass schnell vergangen, so dass ich tatsächlich zum Einbruch der Dunkelheit das kleine Tal verließ und der Rückweg zum Auto wurde sehr kalt und windig. Morgen musste ich unbedingt wieder hierher kommen.

Tag 16

Das Aufstehen fiel mir heute irgendwie total schwer. Ursprünglich wollte ich gegen sieben Uhr oben auf der Staumauer stehen und den Sonnenaufgang erleben und mich auf zum Fellaria Gletscher machen. Es war dann letzten Endes 10 Uhr und der Weg zum ersten Halt Rifugio Bignami zog sich endlos. Irgendwie war ich extrem langsam unterwegs und so war ich erst gegen Mittag dort oben. Katastrophe. Dort ist auch wie eine kleine Hochebene und ich musste so viele Bilder machen. Dort hat es noch Reste der Alpe Fellaria und ein sonniges Plätzchen vor einem der alten Gebäude lud mich zu meiner Mittagspause ein.

Kleine Gletscherlawine

So verstrich die Zeit und in Anbetracht der Tatsache, dass es gegen 18 Uhr bereits dunkel wurde und hier kein guter Weg langging, überlegte ich lange, ob ich denn wirklich noch zum Gletscher weiter wollte. Der Weg dorthin hätte mit Fotostopps sicherlich auch wieder drei Stunden gedauert (eigentlich ist es nicht so weit…) und dann wieder zurück zum Rifugio und dann noch runter zum Parkplatz. Die meisten Wanderer sind schon den Weg wieder zurückgekommen und es wäre einfach unklug gewesen, da so spät noch hinzugehen. Also entschied ich mich dafür, den Rundweg um den See zurückzugehen und noch die Alpe Gembré anzusehen und dann wieder den Weg, den ich gestern schon langging, zurückzunehmen. Das könnte zeitlich perfekt bis es dunkel wurde passen. Und ich war müde und irgendwie ausgepowert. Nachdem ich, total müde und irgendwie langsam lustlost, weil die Beine so wehtaten, das letzte Stück nach der Alpe Gembré vor mir hatte und mich eigentlich mehr auf den Weg konzentrierte bin ich plötzlich erschrocken. Im Augenwinkel sah ich eine Bewegung und ich war so froh, dass ich meine Kamera noch nicht weggepackt hatte. Nicht weit von mir standen Steinböcke. Ich hatte mir schon so lange gewünscht, mal ein paar Steinböcke in freier Natur zu sehen und jetzt waren sie ganz unverhofft direkt vor mir und einige von den Fünfen beobachten mich kurz neugierig, bevor sie sich wieder dem Essen widmeten. Es war für mich der schönste Moment meiner ganzen Reise. Vor Freude bekam ich sogar feuchte Augen und genoss einfach den Moment.

Lago di Campo Moro

So war ich dann auch wieder etwas weniger müde und setzte nach ein paar MInuten meinen Weg fort und konnte von der Staumauer aus auch noch einen farbenfrohen Sonnenuntergang sehen. Ich war tatsächlich den ganzen Tag für 11,5 Kilometer/635hm unterwegs… aber so ist das bei mir irgendwie immer. Dauernd sehe ich etwas, dann Fotografieren, dann wieder schauen, fortbewegen. Im Schnitt komme ich immer zwei Kilometer pro Stunde voran. Aber dafür mache ich schließlich auch einen Fotourlaub 😉

Tag 17

Der nächste Tag verlief dann auch komplett anders als geplant…ich war so k.o., mein Kreislauf spielte verrückt und meine Füße taten immer noch so weh… an eine längere, höhenmeterintensive Wanderung war überhaupt nicht zu denken. So lag ich einfach mal den halben Tag im Bett und ging dann nachmittags nochmal nach Lanzada. Hier kann man durch enge Gassen schlendern, alte Häuser bewundern und eine sehr schöne Kirche finden. Meine Bewunderung für diesen schönen Ort fand auch fast keine Grenzen und so kehrte ich schließlich am Abend wieder in meine Unterkunft zurück und packte dann wieder meine sieben Sachen zusammen und beseitigte alle Spuren meines Aufenthaltes dort. Am nächsten Morgen ging es schließlich wieder nach Hause und ich wollte früh los.

So fuhr ich am Dienstag dann wieder den Berninapass hoch, sagte dem Albulapass noch lebewohl und machte noch einen kurzen Abstecher nach Brienz, wo vor einiger Zeit der große Bergsturz war. Dann ging es aber weiter und nach viel Verkehr und vielen Staus bin ich ab Stuttgart dann letztlich fast komplett Landstraßen heimgefahren und so war mein schöner Urlaub schon wieder vorbei. Aber zur Erinnerung daran habe ich diesen Blogbeitrag geschrieben und werde mir noch ein Fotobuch davon machen. So kann ich immer wieder die schönen Erinnerungen aufleben lassen und auch mit anderen teilen. Danke für´s Lesen und Interesse!

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